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Praxisbeispiel Krefeld

Keine Notlösung, sondern eine Win-win-Situation – Förderung der Weiterqualifizierung von Pflegehelferinnen und Pflegehelfern bei der ENGEL unterwegs GmbH, Krefeld

Wenn man sich bei den Agenturen für Arbeit im Land umhört, welche Branche die Förderung der Qualifizierung von Beschäftigten nach dem Qualifizierungschancengesetz (QCG) bisher am stärksten nutzt, steht fast immer die Pflegebranche an erster Stelle. Klar: Der seit Jahren bestehende hohe Fachkräftebedarf in der Pflege ist bekannt, die Branche versucht, der stetig steigenden Nachfrage nach Pflegeleistungen zum Beispiel mit der Entlastung der raren examinierten Pflegekräfte durch Pflegehelferinnen und -helfern Herr zu werden. Da liegt es nahe, diese Kräfte, wenn sie sich bewährt haben, weiter zu qualifizieren und so aus den eigenen Reihen für einen Nachschub an guten Pflegekräften zu sorgen.

Genau diese Strategie verfolgt Yusuf Kaplan jetzt schon seit einigen Jahren. Er ist Gründer und Geschäftsführer der ENGEL unterwegs GmbH, eines kleineren ambulanten Alten- und Krankenpflegedienstes in Krefeld. Der Fachwirt für Alten- und Krankenpflege hat selbst eine Ausbildung als examinierter Altenpfleger absolviert, ist außerdem auch Pflegedienstleiter. 2011 gründet er seinen eigenen Pflegedienst, der sich mit insgesamt 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Pflegedienstleistungen im Stadtgebiet von Krefeld konzentriert. Bei den Patienten handelt es sich um körperlich und/oder geistig eingeschränkte Menschen und um Ältere, die Unterstützung benötigen. „Pflegerische Tätigkeiten können Pflegehelferinnen und –helfer auch ohne Zusatzqualifizierung übernehmen, eine medizinische Versorgung darf aber nur von Pflegefachkräften oder LG1/LG2-Mitarbeitende durchgeführt werden“, erklärt Yusuf Kaplan. Für die letztgenannten Kräfte bedeutet das, dass sie nach entsprechender Qualifizierung Behandlungspflege-Tätigkeiten der Leistungsgruppen 1 und 2 der Pflegeversicherung übernehmen dürfen. Dazu gehören zum Beispiel Blutdruckmessung, Blutzuckermessung, Inhalation, subkutane Injektion, Medikamentengabe, Ausziehen von Kompressionsstrümpfen, Dekubitus-Versorgung und einiges mehr.

Diese Qualifizierung bietet Yusuf Kaplan seinen Pflegehelferinnen und -helfern schon seit mehreren Jahren an. Insgesamt sind es bisher fast 20 Personen, meistens im Alter von über 30, die die Qualifizierung in Behandlungspflege absolviert haben. Oft handelt es sich um Menschen, die nach einer Pause wieder in Arbeit eingestiegen sind oder die vor der Pflegeassistenz-Ausbildung noch ohne Berufsabschluss waren und von der Agentur für Arbeit für den Pflegebereich interessiert werden konnten. Im Fall der ENGEL unterwegs GmbH dauert die Weiterbildung für die Pflegekräfte drei bis vier Monate inklusive theoretischem und praktischem Teil.
Die Fördermöglichkeiten werden von der Agentur für Arbeit individuell geprüft. Die Lehrgangskosten für Weiterbildungen mit dem Ziel eines anerkannten Berufsabschlusses können bis zu 100 % übernommen werden, unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten im Betrieb.

Ansonsten richtet sich die Höhe der Weiterbildungsförderung nach der Gesamtunternehmensgröße. Die Qualifizierung in der Behandlungspflege gilt nach dem QCG als Anpassungsqualifizierung. Beispielsweise kann in Unternehmen mit 10 bis 249 Beschäftigten eine solche Qualifizierung mit bis zu 50 Prozent der Lehrgangskosten und, bezogen auf die weiterbildungsbedingten Arbeitsausfallzeiten, ebenfalls bis zu 50 Prozent des Arbeitsentgelts gefördert werden. Hat der oder die Beschäftigte das 45. Lebensjahr erreicht, können nach dem QCG bei kleinen und mittleren Unternehmen die Lehrgangskosten in voller Höhe übernommen werden.
Für abschlussorientierte Weiterbildungen, sind die Förderkonditionen generell noch besser. So können die Lehrgangskosten und das Arbeitsentgelt bis zu 100 Prozent übernommen werden. Diese Förderung nimmt Yusuf Kaplan ebenfalls in Anspruch. Er ermöglicht seinen Beschäftigten die Qualifizierung zu examinierten Pflegefachkräften. Hier greifen allerdings Sonderregelungen: Weil nach dem Pflegeberufegesetz vom Pflegeunternehmen eine Ausbildungsvergütung gezahlt werden muss, die refinanziert wird, übernimmt die Agentur für Arbeit nur das Entgelt, das das Unternehmen den Beschäftigten darüber hinaus zahlt. Außerdem gilt die Regelung, dass normalerweise nur eine zeitlich um ein Drittel gekürzte Ausbildung mit Berufsabschluss förderfähig ist, im Pflegebereich nicht. Eine Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss zur Pflegefachkraft führt, kann also über die kompletten drei Jahre gefördert werden.

Darüber hinaus ist im Pflegebereich natürlich auch die einjährige Qualifizierung von Hilfskräften zur Pflegefachassistenz förderfähig. Die Förderungen über das QCG sind generell direkt mit der Einstellung eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin bei einem Unternehmen möglich, wie Ilham Karrouch vom Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Krefeld erklärt. „Das können Fälle sein, in denen ein Unternehmen eine neue Kraft gern perspektivisch einstellen möchte. Die fachliche Qualifikation passt dann am Anfang noch nicht mit dem Anforderungsprofil zusammen, aber wir können sie dann mit Hilfe der Förderung passend machen.“ Wenn Arbeitgeber wegen des Fachkräfteengpasses nicht auf ausgebildete Fachkräfte zurückgreifen könnten wie im Pflegebereich, sei das ein alternativer Weg, Fachkräfte zu rekrutieren und auch an sich zu binden.

Der Krefelder Arbeitgeberservice hat Yusuf Kaplan sowohl zur Förderung nach dem Vorläuferprogramm „WeGebAU“ als auch zu Förderung nach dem seit 2019 gültigen QCG beraten. Die Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur ist mittlerweile schon Routine für ihn. Insgesamt würden die Möglichkeiten der Beschäftigtenqualifizierung nach dem QCG im Raum Krefeld gut angenommen, sagt Ilham Karrouch. Der Arbeitgeberservice bringe das Thema in diversen Beratungszusammenhängen auf den Tisch. Auch eine offensive Öffentlichkeitsarbeit, ob über Artikel in verschiedenen Medien oder Bewerbung des QCG in zahlreichen Veranstaltungen – zuletzt oft online -, habe zur Bekanntheit vor Ort beigetragen. Außerdem seien Netzwerkpartner wie die Kammern oder die Wirtschaftsförderungen umfassend informiert worden.

Neben der Pflege und dem Gesundheitsbereich stellt Ilham Karrouch eine starke Nachfrage nach der Förderung im Bereich Lager/Logistik fest. Seit dem Inkrafttreten des QCG im Jahr 2019 sei eine deutliche Steigerung der Förderungen von Beschäftigtenqualifizierungen festzustellen. Interessant: „Die Unternehmen, die die Förderung über das QCG einmal in Anspruch haben, kommen immer wieder darauf zurück“, sagt Ilham Karrouch.

Wie eben auch die ENGEL unterwegs GmbH. Yusuf Kaplan schätzt die Weiterbildung in Behandlungspflege sehr. Sie bewirke neben der fachlichen auch eine positive persönliche Entwicklung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu trage bei, dass die TÜV Rheinland Akademie, bei der die zertifizierten Kurse stattfinden, an der Seite ihrer Schülerinnen und Schüler stehe und ihnen wertvolle Tipps gebe. „Wir als Unternehmen versuchen natürlich auch die Teilnehmenden somit zu begleiten, dass sie von uns möglichst viel Input bekommen, denn nach der Qualifizierung müssen sie ja dann eigenständig die Patienten versorgen.“

„Ich finde das QCG sehr sinnvoll und eine tolle Möglichkeit, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Arbeit von morgen – und auch schon von heute - vorzubereiten“, sagt Ilham Karrouch. „Die Förderung hilft definitiv dabei, Beschäftigte dazu zu motivieren, sich weiter zu qualifizieren.“ Gerade wenn es sich bei den Geförderten um Menschen handele, die schon lebenserfahrener sind, brächten sie oft soziale und andere Skills mit, die sich für ein Unternehmen oft als Vorteil herausstellten. Die Förderung von Beschäftigten sei also keine Notlösung, sondern stelle eine Win-win-Situation dar. „Und für die Fachkräftesicherung spielen die Fördermöglichkeiten ebenfalls eine große Rolle. Unternehmen können jederzeit mit dem Arbeitgeberservice Kontakt aufnehmen, wenn sie Beratungsbedarf zu den Qualifizierungsmöglichkeiten für ihre Beschäftigen haben. Wir beraten sie gerne.“

Auch Yusuf Kaplan schätzt den Mehrwert der Qualifizierung eigener Kräfte für sein Unternehmen und auch für die gesamte Pflegebranche sehr hoch ein. „Im Pflegebereich zählt gerade jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin. Der Bedarf ist groß. Wir suchen händeringend qualifiziertes gutes Personal. Es entscheiden sich bisher aber zu wenige Menschen für einen Beruf in der Pflege. Das liegt auch daran, dass nach außen oft ein negatives Bild entsteht. Ich finde, man tut den alten und eingeschränkten Menschen etwas Gutes, sie brauchen die Hilfe. Man bekommt viel zurück von den Kunden und auch finanziell steht man oft besser da als in einigen anderen Branchen. Es ist ein sehr schöner Beruf.“ Der Tipp von Yusuf Kaplan für andere Unternehmen der Pflegebranche ist eindeutig: „Ausbildungen anbieten, damit wir für die Zukunft ausreichend Pflegekräfte haben und den Kräften, die Interesse zeigen, die Möglichkeit geben sich weiterzuentwickeln. Wenn jedes Unternehmen in der Branche so handeln würde, wären wir nicht in einer Situation, wie sie sich derzeit darstellt, wo man schon fast von Pflegenotstand reden kann."

 

Wichtige berufliche Qualifizierungen in der Pflege:

Pflegefachassistent/in (ehemals Pflegehelfer/in):

Das Land NRW hat die Ausbildung im Pflegebereich zum Jahr 2021 umgestellt. Der „Pflegefach-assistent“ beziehungsweise die „Pflegefachassistentin“ ersetzt die staatlich anerkannten Gesundheits-, Kranken- und Altenpflegehelfer und -helferinnen. Die Ausbildung zur Gesundheits- und Pflegeassistenz dauert ein bis zwei Jahre. Den theoretischen Teil vermittelt eine Berufs- oder Pflegeschule, den praktischen Teil Einrichtungen des Pflege- und Gesundheitswesens.

Weiterbildung in Behandlungspflege (LG 1 + 2):

Pflegehelfer/innen beziehungsweise Pflegefachassistenten/-assistentinnen, die eine praktische Erfahrung von mindestens zwei Jahren mitbringen, können eine Weiterbildung in Behandlungspflege (LG 1 + 2) absolvieren und danach neben pflegerischen auch leichte medizinische Tätigkeiten übernehmen. Diese Qualifizierung bieten verschiedene Bildungsträger an. Sie umfasst mindestens 160 Unterrichtsstunden sowie ein meist dreimonatiges Praktikum. Die meisten Behandlungspflege-Weiterbildungen finden in Vollzeit statt, das heißt täglicher Unterricht, zum Beispiel in einem Zeitraum von fünf Wochen. Die Weiterbildung ist aber auch berufsbegleitend möglich.

Pflegefachmann/-frau:

Pflegefachmann/-frau ist eine bundesweit einheitlich geregelte Ausbildung an Berufsfachschulen für Pflege sowie an Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Mit dem im Jahr 2017 in Kraft getretenen Pflegeberufegesetz löste die Berufsbezeichnung „Pflegefachkraft“ die bisherigen Berufsbezeichnungen Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger ab. Die Ausbildung ist generalistischer geworden und ermöglicht so einen leichteren Wechsel zwischen den einzelnen Pflegebereichen. Sie dauert drei Jahre und führt zu einer staatlichen Abschlussprüfung. Eine Förderung nach dem QCG ist für ungelernte Beschäftigte gemäß einer Sonderregelung für den Pflegebereich (§ 180, Abs. 4 SGB III) über die gesamten drei Jahre möglich. Normalerweise muss für eine vollständige Förderung die Berufsausbildung um ein Drittel verkürzt sein. Für gelernte Pflegeassistenten (s. o.) dauert die Ausbildung zum Pflegefachmann/zur Pflegefachfrau aber nur zwei Jahre.

 

Kontakte

Ilham KarrouchKrefeld_Essakali
Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Krefeld
Tel.: 02151 922666
Krefeld.141-Arbeitgeber-Service@arbeitsagentur.de

Yusuf Kaplan
Geschäftsführung ENGEL unterwegs GmbH
Tel.: 02151 1515211
info@engel-unterwegs.com

 

Ansprechperson in der G.I.B.

Julian Agel, Tel.: 02041 767311
j.agel@gib.nrw.de

 

Autor

Frank Stefan Krupop, Tel.: 02306 741093
frank_krupop@web.de


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